Greenwashing – was ist das und was kann ich dagegen tun?
Grüne Etiketten, grüne Logos, grüne Schrift. Worte wie „umweltbewusst“, „ökologisch“, „nachhaltig“ prangen inzwischen auf so ziemlich jedem Produkt. Doch wie „grün“ sind diese Werbeversprechen und Marketingstrategien, die uns da aus allen Richtungen anspringen, tatsächlich?! Setzen sich die Hersteller wirklich für nachhaltiges Wirtschaften ein oder wollen uns die Unternehmen nur ein grünes Image verkaufen, damit wir zu ihrem Produkt greifen. Denn unterm Strich sind es vor allem gewinnorientierte Unternehmen, die auf das System des Greenwashing zurückgreifen. Aber was ist das überhaupt? Wie erkennen wir Greenwashing? Was ist das Problem? Wo gibt es jetzt schon (mehr als) sichtbare Beispiele für Greenwashing und was sollten wir sonst noch darüber wissen? All diese Fragen möchte ich in diesem Artikel für Dich beantworten und aufklären, um ein Bewusstsein für WIRKLICH ökologisches Unternehmertum zu schaffen.
Was ist Greenwashing eigentlich?
Das Umweltbundesamt erklärt: „Allgemein versteht man unter „Greenwashing“ den Versuch von Organisationen, sich insbesondere durch Maßnahmen im Bereich Kommunikation und Marketing ein „grünes“ bzw. „nachhaltiges“ Image zu geben, ohne entsprechende, nachhaltigkeitsorientierte Aktivitäten im operativen Geschäft tatsächlich systematisch umzusetzen.“
Einfach erklärt: Beim Greenwashing wird der Eindruck vermittelt, ein Unternehmen hätte einen ökologischen Ansatz und achte auf Umweltschutz. Ohne wirklich nachhaltig zu handeln. Wie das dann genau aussieht und warum das nicht so ist, erfährst Du später.
Was ist das Problem mit Greenwashing?
Wie der Name schon sagt und vermuten lässt, geht es dabei darum, etwas „grün zu waschen“. So wie Geld „gewaschen“ wird, nutzen hier Unternehmen den Effekt, ihr Image mit einer grünen Lüge aufzubessern. Grün deshalb, weil es mit Worten und Werten wie nachhaltig, ökologisch, biologisch, umweltfreundlich und natürlich in Verbindung gebracht wird. Übrigens alles Begriffe, die diese Augenwischerei unterstützen, da es alles ungeschützte Begriffe sind, die wahllos und ohne Nachweispflicht verwendet werden dürfen. Und somit rein gar nichts über das tatsächliche Engagement der Unternehmen in diesen Bereichen aussagen.
Greenwashing verschiebt den Fokus. Weg von problematischen Handlungen oder Hintergründen des Unternehmens hin zu vorzeigbaren Projekten. Das gilt übrigens nicht nur in der Modebranche oder Lebensmittelindustrie. Auch Finanzinstitute und natürlich auch Unternehmen der Energieversorgung nutzen diesen Effekt für sich.
Beim Greenwashing werden Verbraucher*innen durch gezielte Platzierung von Informationen und den Einsatz gut gewählter Worte und Farben fehlgeleitet. Es wird ein irreführendes Bild des Unternehmens gezeichnet, was dazu führen soll, Kaufentscheidungen (potentieller) Kund*innen zu beeinflussen, indem vermittelt wird, die Marke, die Firma, der Konzern agiere und engagiere sich in Umweltbelangen. Da es aber keine festgelegten oder gültigen Standards im Bereich nachhaltiges Wirtschaften gibt, sind hier keine Grenzen gesetzt, was erlaubt ist und was nicht. Es wird mit der Leichtgläubigkeit der Konsumierenden gespielt, ausgehend davon, dass Marketingstrategien wie Verpackungen, Slogans und große Versprechungen überzeugen und ja ohnehin niemand näher nachforscht, zum Beispiel was und wie viel wirklich hinter den Aussagen, Siegeln und Zielen des Unternehmens steckt.
Wie erkenne ich Greenwashing?
- Unternehmen schmücken sich damit, Dinge umzusetzen, die längst per Gesetz vorgegeben sind (wie die nicht mehr Verwendung von Einwegplastik, z.B. Trinkhalme, die ohnehin seit Anfang 2022 verboten sind). Aber es klingt eben nett, wenn solche Fakten nochmals extra betont werden.
- Verwendung von Begrifflichkeiten wie “umweltbewusst”, “natürlich”, “recyclebar” vermitteln den Eindruck von hohem Bewusstsein und Engagement im Bereich Nachhaltigkeit.
Diese Worte können aber genauso inflationär und bedeutungslos verwendet werden wie
- Eigene Umweltsiegel. Ein grüner Kreis, das Wort “biologisch” darin oder “100%”, ein paar schöne Worte im Kreis, der das vermutlich grüne Blatt umrandet und fertig ist das eigene Zertifikatslogo für etwas, das gar nicht existiert. Achte mal beim nächsten Einkauf auf solche Logos und Siegel.
- Grüne Verpackungen gehen nach demselben Prinzip. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Einfluss doch äußere Merkmale wie Verpackungen auf uns haben. Ist Dir zum Beispiel aufgefallen, dass McDonald’s das gelbe M inzwischen nicht mehr auf rotem, sondern auf grünem Hintergrund hat?
- Es wird nicht näher definiert. Es werden Angaben zu Materialien oder Inhaltsstoffen gemacht wie “recycelt”, “biologisch angebaut” oder ähnliches. Es wird dabei aber nicht darauf eingegangen, wo, wie, unter welchen Bedingungen produziert wird und auch nicht, wie hoch der Anteil dieser Rohstoffe im Endprodukt ist. Das sind manchmal dann weniger als 1%. Aber solange es draufsteht, kommt es bestimmt gut an.
- Viele Unternehmen haben auch ein an sich ökologisches Aushängeschild-Produkt. Einen Biobaumwollpullover, eine grüne Linie oder Version. Etwas, dass Aufforstungsprojekte unterstützt (oder unterstützen soll) oder den Klimaschutz unterstützt. Die restlichen 95% + sind aber unter schlechtesten Bedingungen für Mensch und Umwelt produziert und sollen damit kaschiert werden.
- Besonderes Merkmal von Greenwashing ist vor allem auch das Marketing. Siehst Du überall den aufwändig produzierten Werbeclip mit bekannten Gesichtern oder große Werbeplakate? Dann würde ich fast davon ausgehen, dass diese Bemühungen eher dem Umsatz als dem Umweltschutz dienen.
- Nicht direkt sichtbar aber häufig vorhanden ist außerdem Lobbyarbeit, die es vielen Unternehmen ermöglicht, umweltschützende Maßnahmen zu umgehen.
Einige Greenwashing Beispiele
Greenwashing kann ganz vielfältig aussehen. Hier ein paar direkte Beispiele, damit Du es besser nachvollziehen kannst.
In der Darstellung
Dir ist bestimmt auch schon mal auf der ein oder anderen Verpackung von Fleisch-, Milch- oder Eiprodukten ein abgedrucktes Bild von scheinbar glücklichen Tieren aufgefallen, oder?
Ob von grasenden, wohl genährten Kühen auf der Weide in den sonnigen Bergen, freilaufenden, pickenden Hühnern mit dichtem, glänzenden Gefieder oder Schweinen, die in einem mit Holzgatter eingezäunten Schlammloch mit Stroh am Rand suhlen. Ich wette, Du hattest bei diesen Beschreibungen das ein oder andere Werbebild im Kopf. Denn genau aus solchen Erinnerungen habe ich diese Formulierung gerade gewählt.
Hier soll den Kund*innen vor allem das schlechte Gewissen genommen werden und das glückliche Freilandleben der Tiere suggeriert werden.
Nun, dass die Realität für die Tiere, die oder deren Erzeugnisse am Ende in diesen Verpackungen landen, eigentlich eine ganz andere ist, dürfte klar sein. Bei einer Haltung wie auf diesen Bildern zu sehen, gäbe es die Discounterprodukte wohl kaum für 1,99€ pro 500g zu kaufen. In der Regel stammen die Tiere aus Massentierhaltung (97% aller tierischen Erzeugnisse) und sehen selten auch nur das Tageslicht, geschweige denn, dass sie auf einer Wiese frei herumlaufen dürfen. Falls Du Dich näher mit dem Thema beschäftigen möchtest, empfehle ich Dir die Doku Dominion.
Konkrete Beispiele für Greenwashing
H&M
Ob eine Modekollektion aus Bio- oder recycelter Baumwolle (oder auch nur Bruchteile davon), auch wenn der Rest des Labels unter ganz anderen Bedingungen und mit anderen Materialien hergestellt wird und das Kerngeschäft der Marke alles andere als ökologisch und nachhaltig ist.
RWE
Sogenannter Ökostrom, der gar keiner ist. Denn nur, weil ein paar Prozent des Anbieters aus erneuerbaren Energiequellen stammt, so fließt der größte Teil des Unternehmensumsatzes nach wie vor beispielsweise in Kohlekraftwerke. Bestes und aktuellstes Beispiel ist an dieser Stelle wohl RWE.
Wie es anders geht – hier lang.
Unilever
Der Großkonzern (zu dem neben Lebensmittelmarken wie Langnese, Knorr, Pfanni und The Vegetarian Butcher auch Marken aus dem Nonfood-Bereich wie Rexona, Dove, duschdas, Coral, Viss und viele mehr gehören), gibt, wie viele andere Großunternehmen und Konzerne, Ziele wie eine Treibhausgasneutralität bis 2030 an, ohne aber konkrete Maßnahmen dafür offen zu legen. Wenn überhaupt Bemühungen darum ersichtlich oder nachweisbar werden (Stichwort Transparenz!), so könnten die Pläne der Großunternehmen ihren Treibhausgasausstoß um gerade mal 40, statt den groß angepriesenen 100 % senken.
All diese Informationen stammen aus dem Bericht des New Climate Institutes. Hier ein Auszug davon, in dem auch weitere Unternehmen und ihre “Bemühungen” ersichtlich sind.
Hier noch ein paar weitere Beispiele…
Weil solche Bemühungen ausgezeichnet gehören
Okay. Es wird Zeit für ein wenig Ironie bei all dem Irrsinn. Sind wir mal ehrlich. Wer so viel Mühe, Geld und Aufwand betreibt, sein Produkt und seine Marke gewinnbringend an den Mensch zu bringen, gehört doch belohnt. Und da es ja inzwischen mehr als genug glänzende Beispiele für Greenwashing gibt, zeichnet die Deutsche Umwelthilfe regelmäßig die dreisteste Umweltlüge des Jahres mit dem Goldenen Geier aus.
Hier mal in Kurzform die Nominierten für 2023
- Die “Kreislaufflasche” von LIDL – Plastikflasche als Umweltretter
- McDonald’s und der “I am beautiful”-Einwegmüll
- Aufbereitetes Abwasser als Gesichtswasser von Vattenfall
- Die “Königin der Nachhaltigkeit” von Costa Smeralda – ein Kreuzfahrtschiff auf Um(welt)wegen
- Klimadiesel – CO2 neutral Tanken (Warum auch das Auto stehen lassen?!)
Das Prinzip der Tochterfirmen
Genauso irreführend kann es sein, wenn kleine, ökologisch wirkende Unternehmen als Teil eines Konzernriesen gar nicht erst erkannt werden. Da stehen häufig unscheinbar wirkende Marken im Biomarkt, die aber eigentlich Wirtschaftsriesen wie Danone, Nestlé, P&G oder einem der anderen großen Spieler angehören. Gut Beispiele hierfür sind Santé (Naturkosmetik, Tochterfirma von Logocos, die seit 2018 der Nestlé Group (mit 23% Anteil an L‘Oréal) angehört) oder Provamel und Alpro (pflanzliche Lebensmittel, zugehörig zu whitewaves-food, die 2016 von Danone aufgekauft wurden).
Ein kurzer Exkurs: Was ist so problematisch an Danone und Nestlé?
Nestlé beispielsweise ist bekannt für die Privatisierung von Quellwasser, was in manchen Bereichen der Welt für Trinkwasserknappheit für die Menschen vor Ort sorgt, während sie selbst daraus riesigen Profit schlagen. Das ist dabei nur die Spitze des Eisbergs, da bei der Herstellung der Produkte von Nestlé auch sehr problematische Arbeitsbedingungen und viele weitere Faktoren zu kritisieren sind. Damit das hier jetzt nicht zu weit führt, könnte und sollte ich vielleicht einfach einen ausführlichen gesonderten Artikel schreiben.
Übrigens: Bei der Recherche zu diesem Beitrag musste ich herzlich lachen, wie nichtssagend die Unterseiten von Großkonzernen zum Bereich nachhaltiges Engagement wie unter anderem Danone sind. Handfeste Nachweise, greifbare Fakten, vorzeigbare Projekte, Zertifikate oder einfach nähere Informationen zu ihrem nachhaltigen Einsatz sucht mensch hier vergeblich.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
Nicht ganz so drastisch, aber ähnliches Prinzip gilt beispielsweise auch für das deutsche Biosiegel (das sechseckige mit dem grünen Rand). Alleinstehend hat es schon seit 2010 keine Wirksamkeit mehr, da nur das EU-Bio-Siegel (weiße Sterne in Form eines Blattes auf grünem Untergrund) Gültigkeit hat. Dennoch wird es gerne noch zusätzlich mit abgedruckt, weil es den Konsument*innen einfach bekannt ist und sie darin biologische Werte und die Qualität des Produktes scheinbar wiedererkennen. An sich handelt es sich hierbei nicht um Greenwashing, da hier kein Image aufgebessert wird. Es wird aber dennoch mit Wiedererkennungswert und zu erwartender Einschätzung der Kund*innen gespielt. Ansonsten könnte mensch das Siegel nach 13 Jahren ja auch einfach mal weglassen.
Mehr zu Biosiegeln und der Bedeutung der Entscheidung für Bioprodukte erfährst Du im großen Themenartikel.
Und was kann ich jetzt gegen Greenwashing tun?
Wie auch beim Verursachen von Müll ist hier der einfachste Weg: Vermeiden. Kaufe und konsumiere so wenig Produkte von Großkonzernen wie möglich. Unterstutze kleine Unternehmen, denn sie sind meist weniger profitorientiert, investieren nicht oder weniger in Werbung und dafür mehr in gute Inhaltsstoffe, die Produktion, ihre Mitarbeitenden, …
Ob kleine Manufakturen für Seifen und Kosmetik oder inhaberbetriebene Geschäfte wie Unverpacktläden, die ihre Produkte in den allermeisten Fällen sehr sorgfältig prüfen und auswählen.
Lass Dich nicht von augenscheinlich positiven und schönen äußerlichen Merkmalen täuschen. Eine Prüfung von Siegeln und Formulierungen kann hier aufschlussreich sein. Ist das abgebildete Symbol wirklich geschützt? Sagt es konkret etwas aus oder dient es nur zur Aufbesserung durch den visuellen Eindruck? Nicht selten werden einfach eigene kleine Bildchen designt und mit schönen Floskeln versehen, um Verbraucher*innen im Glauben zu lassen, das sei ein besonders gutes/ökologisches/nachhaltiges Produkt. Dabei handelt es sich einfach um leere Worte.
Im Kern kannst Du Dir merken:
Wenn Du auf dem Produkt oder auf der Website des Unternehmens nicht recht schnell und offensichtlich Nachweise für ihr nachhaltiges Bemühen finden kannst, dann ist da auch häufig nicht viel. Denn wieso sollte mensch solches Engagement verstecken. Während auf den Seiten von wirklich umweltbewusst handelnden Unternehmen einen die Projekte und Programme, die zum Klima-, Umwelt- oder Menschenschutz betrieben werden, förmlich anspringen.
Und ja, auch hier ist selbst aktiv werden ein Punkt, der sich auf dem Weg zu mehr Wissen nicht vermeiden lässt. Bei Unsicherheiten, fehlender Transparenz oder offenen Fragen einfach mal das Unternehmen direkt anschreiben und nachfragen. Wo und wie genau wird denn produziert? Woher stammen die Materialien und Inhaltsstoffe? Wie werden Standards festgelegt und überprüft, um all die vorgegebenen Aussagen einzuhalten? Usw…
Was bleibt
…außer einem faden Beigeschmack, weil mensch sich als Konsument angelogen, veräppelt und als Marionette vorkommt?
Die Macht, selbst zu entscheiden! Die Möglichkeit, sich zu informieren und die Fähigkeit, andere darüber aufzuklären. Bewusstsein zu schaffen, Gewohnheiten zu ändern, umzudenken.
Teile diesen Beitrag über die untenstehenden Kanäle mit anderen, um über Greenwashing aufzuklären, um Teil der Lösung zu sein!
Dem hab ich nichts mehr hinzuzufügen. Weder an Infos, noch an Empörung über die teilweise sehr dreisten Beispiele. Mein Votum zum goldenen Geier steht auch noch aus, denn ich kann mich schwer entscheiden, wer es am meisten „verdient“ hat… 🙈
Eigentlich kann man fast sagen, dass Greenwashing einem das Leben schwer macht. Denn solange die Leute mit solchen Siegeln in die Irre geführt werden dürfen, sind die Verbraucher nicht ausreichend geschützt. Da wollen manche etwas Gutes tun, indem sie das Produkt kaufen und dann wars nichts. Bin gespannt, wie genau die EU Greenwashing nun eindämmen wird. Denn solange kann Recherche auch mal aufwendig werden…
Liebe Grüße Stefanie